„Essen gehen“ wäre zu wenig gesagt.

In einem echten Wirtshaus, sei es ein Landgasthof oder ein Sternelokal, erlebst Du Kultur: die Hochkultur der Gastfreundschaft. Wirt, das kommt vom germanischen "werdum": Hausherr. Wer sein Haus betritt, steht unter seinem Schutz, gehört seiner Familie an. Und wird entsprechend behandelt: mit Aufmerksamkeit.

In alten Worten wie Wohlbehagen, Behaglichkeit schauert etwas nach von diesem überwältigenden Gefühl, nach gefahrvoller Reise endlich angekommen zu sein. Es kann nicht wundernehmen, wie oft sich Poeten den Himmel als ein Gasthaus ausgemalt haben. Im Zentrum: der ewige Kachelofen. Deutschlands Gasthöfe haben Reisende zu allen Zeiten beeindruckt. Montaigne war positiv überrascht, Mark Twain amüsiert, Hemingway allerdings entsetzt. Das lag an den Zeiten. Dass sich diese positivste aller Traditionen überhaupt hat halten können, ist der kolossalen Sturheit hiesiger Wirte zu verdanken. Die Weitsichtigen haben sich dem Generalangriff der Siebziger Jahre widersetzt und entstellende Umbauten verweigert.

Denn da steht das Gründungsjahr eingebrannt. Und der Lieblingsspruch des Ur-Urgroßvaters: „Der teuffel hat die welt verlassen / dieweil er weiß / die menschen sich auch ohn ihn hassen / und machen sich die helle heiß.“ Im Windschatten der Großpolitik hat sich im Land der 1000 Hügel die Wirtshauskultur wunderbar erhalten. Das ist typisch. Staunend trittst Du durch die Holzportale des Löwenthors zu Gondelsheim oder des Nachtwächters in Lienzingen; mit Freuden kehrst Du immer wieder ein im Gündelbacher Lamm, in der Gochsheimer Krone. Dessen bist Du überall gewiss: Der Wirt ist ein Netzwerker, der die besten Produzenten kennt. Und Dir ihre allerbesten Erzeugnisse gönnt. Das ist doch mal ein Grund zur Dankbarkeit.