Urig (Ein)kehren: Besenkultur im Kraichgau-Stromberg
Wo hängen heute die Besen? Etwa 60 Besenwirtschaften kannst Du im badischen und württembergischen Kraichgau-Stromberg entdecken. Eine geöffnete Besenwirtschaft erkennst Du an einem ausgesteckten Besen, Zweig oder Strauß. Sie ist ein echtes Kulturgut der Region und hat mit der klassischen Kehrwoche nichts zu tun. Auch wenn es der „Neigschmeckte“ erst mal denken mag.
In einem Besen bewirtschaften Winzer und Wengerter ihre Gäste mit eigenem Wein und wunderbar traditionellen Speisen wie eingelegtem Handkäse mit Zwiebeln und Brot, Hausmacher Wurst, Zwiebel- oder Speckkuchen und anderen einfachen – aber köstlichen Spezialitäten. Hier bist Du mittendrin und erfährst gelebte Gastfreundschaft im wahrsten Sinne des Wortes hautnah. Denn hier rückt man eng zusammen, wenn es voll wird.
Der Ursprung geht der Geschichte nach zurück auf Karl den Großen. Der Landesherr war ein Förderer des Weinbaus. Im Jahr 791 verfügte er per Erlass, dass Bauern auch ohne Schankkonzession ihren Wein direkt an die Durstigen ausschenken durften. Kennzeichen für diesen Ausschank war der Kranz. Die Tradition ist bis heute geblieben. Der Kranz wurde jedoch inzwischen durch einen Besen ersetzt.
Heute sind die Besenwirtschaften ein fester Bestandteil des „Wirtschaftslebens“ im Kraichgau-Stromberg und darüber hinaus. Per Gesetz darf ein Winzer oder Wengerter seinen Besen bis zu vier Monate im Jahr öffnen, die Anzahl der Sitzplätze ist begrenzt und neben hauseigenen Weinen dürfen nur kalte oder einfache warme Speisen angeboten werden. Die Gäste sitzen traditionell in den Besenwirtschaften in der „guten Stube“ der Wirte, in einer umgebauten Scheune, im urigen Gewölbekeller oder Fachwerkhaus und genießen neben ihrem Viertele deftige badische oder schwäbische Hausmannskost.